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Ulrich Simons

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Fotojournalist (seit 1976)
Redakteur (1987 bis 2019)
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Nur die "Apfelsinenpresse" das Oktogon lugt hinter dem Rathaus hervor. Die Türme von Dom, St. Foillan und altem Verwaltungsgebäude am Katschhof fehlen, das Rathaus steht in der direkten Verlängerung der Großkölnstraße. Links vom Granusturm des Rathauses ist der markante Turm von St. Adalbert zu erahnen. Offenbar ist gleich an mehreren Stellen die Phantasie mit dem Zeichner durchgegangen. // Quelle: Stadtarchiv Aachen, SLG 116-5010

 

09. Dezember 2025

Aus dem Stadtarchiv:
Ein "fake pic" lange vor Photoshop

Im Februar 1908 veröffentlichte das Aachener Warenhaus „Gebrüder Kaufmann“ eine aufwändige Werbegrafik im Zeitungsformat. Sie zeigt die Großkölnstraße – allerdings in idealisierter Form als breite Einkaufsmeile mit zahlreichen kleinen Läden.

Am rechten Blattrand ist das Warenhaus „Gebrüder Kaufmann“ zu sehen: Ein reich verzierter Jugendstilbau mit Schaufenstern auf allen Stockwerken. Quer über der Fahrbahn steht der Schriftzug: „Das Jahr 1908 eröffnet der Firma Gebr. Kaufmann Aachen ihren neuen Wirkungskreis“.


Idealisierte Darstellung und christliche Motive für mehr Aufmerksamkeit

Auch das übrige Stadtbild ist idealisiert: Die Großkölnstraße läuft – ganz anders als in der Realität – geradlinig auf die Rathausfassade mit ihren beiden wuchtigen Türmen zu. Die Türme des Doms, der Kirche Sankt Foillan und des Verwaltungsgebäudes am Katschhof hingegen sind aus Gründen der Bildkomposition weggelassen.

Aus demselben Grund wurde ein in Wirklichkeit nicht vorhandener Turm hinter die turmlose Nikolauskirche an der Großkölnstraße gesetzt (Anm. d. Red.: möglicherweise der perspektivisch etwas herangerückte Turm der Pfarrkirche Heilig Kreuz).

So entsteht das Bild einer winterlichen Altstadt mit drei romantischen Türmen vor einer schneebedeckten Landschaft. Am Nachthimmel prangen mehrere Kometen, der größte mit dem Namen „Gebr. Kaufmann“. Die Ikonografie erinnert an das christliche Motiv des Sterns von Betlehem, der die Geburt von Jesus anzeigte.

Das weihnachtliche Motiv wurde jedoch nicht zum Weihnachtsgeschäft veröffentlicht. Vielmehr wurde das Blatt im Februar 1908 mehreren Tageszeitungen beigelegt und kündigte die Neueröffnung des Kaufhauses an der Großkölnstraße 59-63 an.

Die irritierende Verwendung der weihnachtlichen Symbolik außerhalb der Adventszeit wurde offensichtlich bewusst genutzt, um Aufmerksamkeit zu generieren. Die Verwendung großformatiger und detailreicher Werbegrafiken gehörte zu den Markenzeichen der Firma.


Ehemaliges Tietz-Kaufhaus als kundenorientiertes „modernes Spezialhaus“

Das Aachener Unternehmen war am 14. Mai 1907 von Hermann Kaufmann (Berlin) und Alfred Kaufmann (Mönchengladbach) gegründet worden. Das Gebäude in der Großkölnstraße hatte bis 1906 als Warenhaus des Warenhausunternehmens Leonhard Tietz mit Sitz in Köln gedient, das 1906 einen spektakulären Neubau am Markt bezog und damit über das größte Warenhaus der Stadt verfügte.

Nach einem Umbau eröffneten am alten Tietz-Standort am 18. März 1908 die Gebrüder Kaufmann.
Das Kaufhaus war als „modernes Spezialhaus“ mit zahlreichen Abteilungen für Damen-, Herren- und Kinderkleidung und andere Textilwaren konzipiert.

Ein auf der Rückseite der abgebildeten Grafik gedruckter Werbetext hebt die hohe Qualität, Vielfalt und Modernität des Sortiments hervor und beschreibt eine kundenorientierte Unternehmensphilosophie. Das Gebäude selbst verfügte über einen Lichthof mit gewölbtem Glasdach, seitlichen Galerien und Freitreppen.

Nach mehreren Eigentümerwechseln ging das Kaufhaus 1913 im Konzern des Hamburger Unternehmers Max Emden auf, der mit dem „Hammonia“ bereits das zweitgrößte Warenhaus Aachens besaß.

Im Januar 1927 übernahm die Leonhard Tietz AG die Aachener Niederlassungen des Emden-Konzerns und verlegte das „Geka“, wie „Gebr. Kaufmann“ inzwischen allgemein genannt wurde, in das wesentlich größere „Hammonia“-Gebäude an der Adalbertstraße 20-28, wo es bis zum Zweiten Weltkrieg bestand.


Bedeutung jüdischer Unternehmer und Gewalt des NS-Regimes

In der Geschichte des „Geka“ spiegelt sich die Bedeutung jüdischer Unternehmer in der Aachener Wirtschaftsgeschichte, aber auch die Gewalt des NS-Regimes und seiner antisemitischen Maßnahmen. Als Teil der Leonhard Tietz AG wurde auch die Gebr. Kaufmann GmbH „arisiert“.

Im Gegensatz zum Mutterkonzern, der seit 1933 „Kaufhof“ hieß, behielt sie zunächst noch ihren Namen. 1941 erfolgte dann eine Umbenennung, die das etablierte Kürzel „Geka“ beibehielt, jedoch die Namen der beiden Gründer entfernte.

Das Unternehmen firmierte nun als „Geka Das Kaufhaus für Mode und Heim GmbH“ und bestand formal bis 1967/68.

Nach Kriegsende nutzte der Kaufhof-Konzern das Kürzel Geka zeitweise für einen Teil seines Angebots, doch wurde das Haus selbst nicht mehr wiedereröffnet. An die Stelle des Gebäudes in der Adalbertstraße trat 1955 der heutige Kaufhof-Neubau.

 

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© Ulrich Simons
Redakteur (1987-2019) - Fotojournalist - Blogger

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